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Im Vergleich: die Hochwasserereignisse von 2002 und 2013
Elf Jahre zuvor, im August 2002, gehörte Dresden zu den Städten, die am stärksten vom Elbe-Hochwasser und der durch die Weißeritz verursachten Sturzflut betroffen waren. Der Elbe-Pegel maß damals 9,40 Meter, die Innenstadt wurde weitläufig überflutet. Aus dem Bahnhof schwappte braune Brühe, auch die Semperoper stand im Wasser. 2013 dagegen trug die Saale signifikanter zum Hochwasser bei, dessen Schadenschwerpunkt sich deshalb nach Westen verlagerte. Zudem hatte der verbesserte Deichschutz an Elbe und Weißeritz den Effekt, dass sich die Überschwemmungen stromabwärts verlagerten und vor allem Sachsen-Anhalt und Niedersachsen betrafen.
Auch in Regensburg machte sich der verbesserte mobile Hochwasserschutz bemerkbar: Während beim letzten großen Hochwasser im März 1988 der Stadtteil Stadtamhof komplett überspült wurde, blieb es 2013 trotz höherem Wasserstand bei kleinräumigen Überflutungen. Weiter stromabwärts führten große Deichbrüche entlang der Donau jedoch zu schweren Überschwemmungen im Landkreis Deggendorf.
Aus der Versicherungsperspektive sind zwei Aspekte bemerkenswert. So hat sich der technische Schutz gegen Flusshochwasser in vielen Hochwassergefährdungszonen verbessert: Im Elbe-Einzugsgebiet wurden Deiche neu gebaut oder verstärkt, mobile Schutzwände hielten den Wassermassen von Elbe, Donau und Moldau stand. Insbesondere in Dresden griffen auch kommunale Präventivmaßnahmen: Der Wasserversorger der Stadt beispielsweise hatte in den Jahren zuvor umfangreiche bauliche, technische und organisatorische Änderungen vorgenommen, und konnte damit seine Schäden gegenüber 2002 um 75 Prozent reduzieren.
Schutz vor Hochwasserschäden – Welche Maßnahmen helfen?
Summe der nicht versicherten Schäden nach wie vor hoch
Zugleich offenbarte sich erneut eine große Diskrepanz zwischen den ökonomischen und den versicherten Schäden: In Deutschland summierte sich der volkswirtschaftliche Gesamtschaden des Hochwassers von 2013 auf 8 Mrd. €, versichert waren 1,7 Mrd. €. Diese Versicherungslücke lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass die Mehrheit der Hausbesitzer keine Elementarschadenversicherung besaß. Eine solche hatten 2013 im landesweiten Mittel nur 33 Prozent der Immobilieneigentümer abgeschlossen. Das waren mehr als 2002 (18 Prozent), allerdings gab es große regionale Unterschiede: Während in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen rund 40 Prozent aller Hausbesitzer gegen Hochwasserschäden abgesichert waren, lag die Quote in Bayern bei 21 Prozent und in Niedersachsen bei lediglich 13 Prozent.
Die Unterversicherung hat verschiedene Ursachen: So gab es in der Vergangenheit insbesondere in hochgefährdeten Regionen keinen ausreichenden Versicherungsschutz. In weniger gefährdeten Gebieten ist dagegen das Risikobewusstsein schwächer ausgeprägt, Versicherungslösungen werden dementsprechend seltener nachgefragt. Dies nicht zuletzt auch, weil der Staat in der Vergangenheit einen Großteil der Schäden von Privatpersonen und Gewerbetreibenden übernommen hat.
Schulterschluss für mehr Risikobewusstsein
Seit 2013 haben Länder, Versicherungskammern und Versicherungswirtschaft zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um das Risikobewusstsein von Hausbesitzern und Gewerbetreibenden zu schärfen.
- In fast allen Bundesländern initiierten die Landesregierungen großflächige Informationskampagnen. Darüber hinaus hat der Freistaat Bayern angekündigt, ab 1. Juli 2019 nach Naturkatastrophen keine finanzielle Soforthilfe mehr zu leisten, sofern die Betroffenen auch eine Versicherung hätten kaufen können.
- Die Versicherungswirtschaft hat ihr Portfolio erweitert und bietet inzwischen auch einzelne Versicherungslösungen in der Hochwasserzone Zürs 4, so auch die ERGO, der Erstversicherer von Munich Re.
- Der GDV führt laufend Verbesserungen der Hochwasserzonierungen durch. Derzeit läuft die Entwicklung einer Gefährdungszonierung für Sturzfluten.
Klimawandel: Mehr Starkniederschläge erhöhen nur bedingt das Schadenrisiko
Wissenschaftlicher Konsens ist, dass der Klimawandel die Niederschlagsmuster in Europa beeinflusst. Die Beobachtung über die letzten Jahrzehnte und die Modell-Projektionen in die Zukunft zeigen, dass in Mitteleuropa der Sommerniederschlag abseits der Küsten eher etwas zurückgeht, während der Winterniederschlag eher etwas zunimmt. Intensive Niederschläge mit Flussausuferungen werden für das Winterhalbjahr unter fortgesetztem Klimawandel häufiger erwartet. Aber auch im Sommer können intensive Niederschlagsereignisse, etwa aus der Wetterlage eines hochreichenden Tiefs über Mitteleuropa, durchaus zu Hochwassern und hohen Schäden wie 2002 oder 2013 führen. Diese Ereignisse fielen zudem unter eine besondere Kategorie von anhaltenden Wetterlagen, die im Sommer seit einigen Jahrzehnten auf der Nordhemisphäre zugenommen haben. Für sie liegen starke Indizien vor, dass an dieser Zunahme der Klimawandel Anteil hat.
Insgesamt rechnet die neuere Forschung also damit, dass unter dem Klimawandel in weiten Teilen Mitteleuropas die Wetterereignisse zunehmen, die Flussausuferung und Schäden produzieren können. Müssen damit auch in der Zukunft die Überschwemmungsschäden stark zunehmen? Nicht zwangsläufig. Schutzmechanismen wie Deichbau oder effektive Frühwarnsysteme sind sehr ausgereift und können weiter ausgebaut werden. Immerhin gehen die um Wertezuwächse bereinigten Hochwasserschäden in Europa seit 1980 bereits tendenziell eher zurück.