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Digitale Transformation – Eine Chance für Versicherungsmärkte in Lateinamerika
Die Versicherungswirtschaft in Lateinamerika wächst wieder. Gleich mehrere wichtige Faktoren sprechen überwiegend für eine gute Entwicklung: Die ökonomischen Vorzeichen haben sich aufgehellt.
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    Schaden/Unfall-Versicherer können nach der Delle von 2016 in den kommenden Jahren wieder mit deutlichen Prämienzuwächsen rechnen. Gleichzeitig bietet die Digitalisierung erhebliche Potenziale, das eigene Portfolio, die Effizienz und insbesondere den Vertrieb zu verbessern.

    Die größte Chance der digitalen Transformation liegt aber in der Verbesserung der Customer Experience: Vertragsabschlüsse und Schadenabwicklung können stark automatisiert, also beschleunigt werden, und Big Data ermöglicht neue, stärker auf den Kunden zugeschnittene Produkte, wie z.B. Deckungen für Diabetiker, on demand Produkte oder Telematik-Tarife. Damit lässt sich auch die Versicherungslücke leichter schließen – sie ist in Lateinamerika wie in vielen Schwellenregionen sehr groß.

    Lateinamerikas Versicherungsmärkte wachsen überdurchschnittlich

    Insgesamt werden die Länder der Region bis 2025 zu den wachstumsstärkeren Versicherungsmärkten der Welt zählen. In der Schaden-/Unfall-Versicherung dürfte das durchschnittliche Prämienwachstum inflationsbereinigt pro Jahr ca. 3,6 % betragen. Das ist deutlich mehr als der weltweite Durchschnitt von ca. 2,6 %. Der Ausblick ist damit auch deutlich günstiger als der Verlauf des vergangenen Jahres.

    Um es klar zu sagen: Bei dieser überwiegend positiven Betrachtung Lateinamerikas gibt es im Moment zwei Ausreißer. Venezuela bleibt bei dieser Zukunftsbetrachtung außen vor, da die politischen Umwälzungen eine Vorhersage unmöglich machen. In Brasilien haben über Jahre unterlassene Reformen und mangelnde Konsolidierung samt einer Reihe von Korruptionsskandalen die Aussichten für die Wirtschaft wie für Versicherer merklich abgekühlt. Die größte Volkswirtschaft mit einem Anteil von mehr als einem Drittel der Wirtschaftsleistung Lateinamerikas steckt seit zwei Jahren in der Rezession. Für 2017 steht zwar ein leichtes Wirtschaftswachstum in Aussicht, jedoch ist nicht zu erwarten, dass wichtige Reformen vor der nächsten regulären Wahl im Herbst 2018 angepackt werden. Die Lebensversicherungssparte Brasiliens wächst wegen Nachholeffekten noch deutlich. Die Wachstumsaussichten für die Schaden/Unfall-Versicherung ist dagegen erheblich eingetrübt.

    2016 waren die Prämieneinnahmen der Schaden/Unfall-Versicherer in Lateinamerika insgesamt um rund 3 % geschrumpft. Insbesondere gesunkene Rohstoffpreise und Abwertungen hatten viele Länder belastet, Lateinamerika steckte dadurch im vergangenen Jahr mit einem Rückgang der realen Wirtschaftsleistung (GDP) von ‑0,5 % in der Rezession. Nach dem Verlassen der Talsohle profitieren nun viele Länder von Reformen und der Konsolidierung ihrer Finanzen. Steigende Pro-Kopf-Einkommen einer wachsenden Mittelschicht mit zunehmendem Bedarf an Versicherungen gepaart mit relativ niedriger Versicherungsdurchdringung versprechen ein deutliches Aufholpotenzial.

    In der Schaden/Unfall-Versicherung werden zum Beispiel für Argentinien und Chile inflationsbereinigte Zuwächse zwischen 3,5 und 4 % bis 2025 erwartet, so die Daten von Economic Research von Munich Re. Heraus sticht Mexiko mit einem durchschnittlichen realen Prämienwachstum von mehr als 4 %. In Mexiko ist zugleich die Versicherungsdichte sehr gering: Im Schaden/Unfall-Segment lag sie im vergangenen Jahr bei 0,9 % des GDP, verglichen mit 1,3 % im ganz Lateinamerika und 2,1 % weltweit. Auch diese Daten spiegeln das besondere Potenzial für Versicherer in Mexiko wieder. Trotz der befürchteten Handelsbeschränkungen durch die USA ist die Konjunktur in Mexiko relativ robust geblieben und hat damit der höheren Inflation sowie der gestiegenen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit gegengehalten.

    Megatrend Digitalisierung ermöglicht Chancen

    Gleichzeitig ergeben sich für die Versicherungswirtschaft in Lateinamerika erhebliche Potenziale aus dem Megatrend Digitalisierung. Die digitale Welt ist dabei, den Markt gleich in mehreren Dimensionen umzukrempeln:

    • Stichwort Vertrieb: Es eröffnen sich völlig neue Vertriebsmöglichkeiten, um Smartphone-affine Kundengruppen zu erreichen. Das ist für etablierte Versicherer auf den ersten Blick bedrohlich, da Insurtechs hier sehr viel schneller und innovativer agieren. Aber es bietet auch für große Versicherer enorme Potenziale, wenn sie die digitale Transformation konsequent verfolgen. Upselling-Chancen durch genauere Analyse der Kundendaten sind möglich. Und wie so häufig: Vorreiter haben die größten Chancen.
    • Stichwort Kundenzufriedenheit: Big-Data-getriebene Automatisierungen in Schadenabwicklung und im Neugeschäft ermöglichen eine viel komfortablere Kommunikation mit dem Versicherer und verkürzen die Antwortzeiten. Sie ermöglichen neue Produkte entlang der Grenze der Versicherbarkeit. Gleichzeitig verbessern sie die Qualität des Portefeuilles. Die Kombination von internen und externen Daten, etwa Satelliten- oder Drohnendaten, ist möglich. Auch Daten aus dem Web - besonders aus den sozialen Netzwerken - oder von Dritten fließen mit ein.
    • Die Verfügbarkeit von Daten ermöglicht auch neuartige Tarifierungen, zum Beispiel beim Einsatz von Telematics in der Kfz-Versicherung oder spezieller Tarife für Diabetiker.

    Daraus wird deutlich: Digitalisierung kann Effizienz und Underwriting-Ergebnisse verbessern, neue Geschäftspotenziale erschließen sowie Geschäftsprozesse beschleunigen und effizienter machen. Der Aufwand dafür ist natürlich zunächst erheblich. Ein Umbau der IT-Infrastruktur ist nötig und vielfach extrem komplex. Geschäftsprozesse müssen neu gedacht werden. Eine für Versicherer neue Kategorie von Mitarbeitern wird extrem wichtig – die der Daten-Spezialisten. Eine große Herausforderung wird auch sein, dass sich das Mindset in den Unternehmen verändern muss, um in der digitalen Welt erfolgreich zu sein.

    Digitalisierung zwingt zu hohen Investitionen

    Viele große Versicherer in Lateinamerika haben schon eine Digitalisierungsstrategie für ihre gesamte Wertschöpfungskette etabliert. Die Management-Aufmerksamkeit für das Thema ist generell hoch, viele Unternehmen investieren erheblich in die Entwicklung neuer IT-Systeme, Services, Tools und Produkte. Mitunter bleiben aber auch Investments aus, etwa weil noch unklar scheint, inwieweit Endkunden für Versicherungsprodukte über Smartphones erreicht werden können. Denn in vielen Ländern Lateinamerikas benutzen Menschen ihre Smartphones noch hauptsächlich für Social Media, dagegen weniger, um eine neue Versicherungspolice abzuschließen.

    Dabei sind die Zahlen, die das Potenzial von Smartphones als Vertriebskanal beschreiben, eigentlich eindeutig: Laut Ernst & Young (EY 2017 Latin American insurance outlook) nutzen mehr als doppelt so viel Menschen Smartphones als das Festnetz-Internet. Der Verkauf von Versicherungen über Smartphones oder soziale Netzwerke in größerem Umfang ist also allenfalls eine Frage der Zeit.

    Eine weitere Studie belegt, dass viele lateinamerikanische Länder enorme Chancen durch Digitalisierung haben. Die Analyse des World Economic Forum gemeinsam mit der Harvard Business Review kategorisiert Länder nach ihrem digitalen Status. Eine ganze Reihe lateinamerikanischer Länder findet sich hier in der Kategorie der „Break Out“-Countries, in denen die Digitalisierung noch nicht weit fortgeschritten ist, aber sich rasend schnell entwickelt. Diesen Ländern wird zugetraut, bei innovationsfördernden Rahmenbedingungen den Sprung in die Kategorie der „Stand Out“-Countries zu schaffen. Sie stellen wiederum diejenigen Länder dar, in denen Digitalisierung weit fortgeschritten ist, sich weiter rasch entwickelt und hohen wirtschaftlichen Vorteil bringt. Sie gelten als Vorreiter von Innovationen.

    Mehr Versicherung erleichtert Bewältigung von Katastrophen

    Kann die Digitalisierung auch dazu beitragen, die Versicherungslücke zu schließen? Wir meinen schon. Insofern kommt Versicherern eine wichtige Aufgabe zu, über Risiken, ihre Entwicklung und Folgen, etwa über Schadentrends durch Naturkatastrophen, aufzuklären. Und die positive Wirkung von Versicherung zu erläutern und ihren Kunden Versicherungslösungen aufzuzeigen. 

    Studien zeigen, dass besonders in Schwellenländern eine höhere Versicherungsdichte einen besonders großen volkswirtschaftlichen Vorteil bietet: Volkswirtschaften mit hoher Versicherungsdichte erholen sich schneller nach Katastrophen als Länder mit geringer Verbreitung von Versicherungen. Und das gleiche gilt auch für Menschen, denen nach einer Katastrophe Versicherungen einen Teil der finanziellen Belastung abnehmen und die so schneller in das normale Leben zurückfinden können. 

    Durch Digitalisierung haben Versicherer die Möglichkeit, direkter, schneller und zielgerichteter mit ihren Kunden zu interagieren und ihnen bessere, maßgeschneiderte Produkte anzubieten. Und damit die Versicherungslücke ein wenig schneller zu schließen. Vorreiter werden einen erheblichen Wettbewerbsvorteil haben. Um hierzu beizutragen, stehen wir unseren Kunden mit unserem Know How und Erfahrungen aus Best Practices als Entwicklungspartner und Risikoträger zur Verfügung.

    Experte
    Matthias Marwege
    Head of Spain, Portugal, Latin America and Caribbean

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