
Explosionsunglück in China
Wie gehen Transportversicherer mit dem Risiko um? Dieter Berg, der bei MunichRe die Abteilung Business Development im Bereich Transport leitet, spricht mit Topics Online über die Explosion im Hafen von Tianjin.
Welche Bedeutung hat der Hafen von Tianjin für den internationalen Welthandel? Und was können wir zu den Schäden sagen?
Der Hafen von Tianjin ist der drittgrößte Hafen weltweit, der 11. größte Container-Hafen der Welt, einer der größten Häfen in China und das Tor zu den nördlichen Regionen Chinas. Im Hafen von Tianjin wurden viele Lagerhäuser, Tausende von Containern und Neuwagen in Autolagern zerstört. Solche Schadenszenarien kennen wir auch von Naturkatastrophen wie dem Hurrikan Sandy 2012. Das Unglück jetzt zeigt die ständig wachsende Kumulgefahren, insbesondere in stark industrialisierten Gebieten. Und dass sich solche Einzelereignisse regional oder auch global auswirken können, haben wir als Rückversicherer in den vergangenen Jahren immer wieder beobachtet: Die Zerstörung eines Kraftwerks auf Zypern 2011 – ausgelöst durch die Munitionsexplosion auf einer Marinebasis - beeinträchtigte die Wirtschaftskraft des Landes. Oder die Überschwemmungen in Thailand 2011 - das Naturereignis ließ damals weltweit Bänder stillstehen. Inzwischen haben Unternehmen und Versicherer viel unternommen, um solche Rückwirkungsrisiken zu vermindern.
Wie können Versicherer solche Schäden modellieren?
Was wir sehen ist eine ständig steigende Wertekumulierung in der Transportversicherung durch immer größere Containerschiffe oder Autotransportschiffe. Dadurch entstehen in Häfen riesige Waren- und Werte-Kumule durch große Containerlager in Terminals oder Waren in Lagerhäusern. Gerade bei Kraftfahrzeugen sehen wir häufig Größtschaden-Potentiale durch Naturgefahren wie Überschwemmung oder Hagel. Aber es gibt auch immer wieder von Menschen verursachte Schäden, insbesondere im Umfeld von Industrieanlagen. Solche (Explosions-)Schäden sind schwierig zu modellieren, aber vergleichbar mit der Modellierung von Terrorismus-Schäden. Für große Hafenanlagen analysieren wir daher nicht nur Naturgefahren wie Überschwemmungen, Erdbeben oder Hagelschlag, sondern auch solche Szenarien. Für Erst- und Rückversicherer ist es dabei immer wichtig, möglichst gute Risikoinformationen zu den Warenwerten und Kumulexposures in Häfen zu generieren. Auf dieser Basis können dann worst-case-Szenarien berechnet werden, um einerseits die eigene Risikoexponierung zu kennen (und gegebenenfalls zu limitieren) und andererseits solche Größtschadenszenarien auch adäquat in die Prämienberechnung einfließen zu lassen.
Sind solche Zentren in der Nähe von großen Städten/Wohngebieten nicht zu gefährlich?
Ja, hier gibt es ein Gefährdungspotenzial – das betrifft aber nicht nur Logistikzentren, sondern zum Beispiel auch jede andere Form von herstellender Industrie, die potenziell gefährliche Güter nutzt. Ich erinnere nur an die Explosion der Feuerwerksfabrik im niederländischen Enschede 2000. Deswegen sind Sicherheitsmaßnahmen, deren Einhaltung und Kontrolle entscheidend.
