
Weißer Dampf statt blauer Dunst
Elektrische Zigaretten, sogenannte „E-Zigaretten“, werden immer beliebter. Rauchlose Zigaretten ohne Tabak gibt es zwar bereits seit den frühen 1960er-Jahren. Aber erst 2003 hat sich der chinesische Apotheker Hon Lik die moderne E-Zigarette patentieren lassen. Seit einigen Jahren boomt das Geschäft: Die Werbung betont die gesundheitlichen Vorteile des Umstiegs von herkömmlichen Zigaretten auf E-Zigaretten mit der Hilfe etlicher Prominenter, Internetseiten propagieren das Thema und klassische Ladengeschäfte buhlen um Laufkundschaft. Die Zahl der Anwender allein in Großbritannien wird auf 1,3Millionen geschätzt.
E-Zigaretten sind batteriebetriebene Geräte, die in Form und Größe an herkömmliche Zigaretten erinnern. Sie enthalten einen Zerstäuber und eine Heizschlange, die eine flüssige Nikotinlösung verdampft. Der erzeugte Dampf wird inhaliert, der Körper nimmt Nikotin über die Lunge auf. Dabei wird gleichzeitig der Eindruck des Rauchens einer klassischen Zigarette reproduziert. Für Versicherer stellt sich nun die Frage, ob E-Zigaretten wirklich eine sicherere Alternative zum Rauchen sind. Und falls ja, welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Risikoprüfung bei Antragstellern, die E-Zigaretten anstatt herkömmlicher Zigaretten benutzen?
Eine sicherere Alternative?
Weniger als das Nikotin mit seinem hohen Suchtpotenzial sind es vor allem die chemischen Stoffe im Tabakrauch, die bei etwa der Hälfte aller Langzeitraucher zu einer tödlichen Krankheit führen. Tabakzigaretten enthalten rund 4.000 verschiedene chemische Verbindungen, darunter Gifte wie Arsen und Wasserstoffzyanid. Seit langem gilt Tabakrauch nachweislich als ein Karzinogen, das für mehr als jeden vierten krebsbedingten Todesfall in Großbritannien verantwortlich ist. Klassische Tabakzigaretten sind für sich genommen die häufigste Krebsursache weltweit. Es herrscht Einigkeit darüber, dass die E-Zigarette eine wahrscheinlich ungefährlichere Möglichkeit darstellt, dem Körper Nikotin zuzuführen. Dennoch bleiben viele Fragen offen, denn auch die E-Zigarette setzt eine Vielzahl chemischer Verbindungen frei. Doch angesichts fehlender Regulierung, vielfach fehlerhafter Deklaration des Inhalts, vieler verschiedener Anbieter und unterschiedlichster Produktlinien gibt es derzeit kaum eine Möglichkeit, die Auswirkungen der Inhalate auf die Gesundheit zu überprüfen. Zudem: Dasselbe Marketing, das E-Zigaretten als sicherere Alternative zum Rauchen anpreist, macht sie auch für junge Nichtraucher attraktiv. So richtet sich die Werbung gezielt an junge Nutzer, etwa in den Social Media. Die E-Zigarette wird als trendiges Accessoire angepriesen und der Aspekt des Nikotininhalierens gerät dabei in den Hintergrund. Das in Großbritannien herrschende Verbot von Tabakwerbung gilt nicht für E-Zigaretten. Die Befürchtung, dass diese ehemalige Raucher, Nichtraucher und Kinder zum Rauchen animieren könnten, indem Nikotinsucht verharmlost und gefördert wird, konnte bislang nicht belegt werden: Glücklicherweise scheinen es fast ausschließlich Exraucher und tägliche Raucher zu sein, die unter Jugendlichen zwischen 11 und 18 Jahren häufig (mehr als einmal pro Woche) E-Zigaretten konsumieren. Auf Seiten der Ärzteschaft gibt es Befürchtungen, dass sich hier eine Marktlücke für die Tabakindustrie auftut, die über eine Erhöhung des Nikotingehalts versuchen wird mehr Konsumenten an sich zu binden.
Der Geschmack der Freiheit
Konsequenzen für das Underwriting

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