
„Lower for longer“ – Zinsen bleiben niedrig.
„Die Zinsen werden auf absehbare Zeit nicht spürbar steigen“, ist Michael Menhart, Chefvolkswirt bei Munich Re überzeugt. Daran ändere auch der Wechsel an der EZB-Spitze nichts. Sorgen bereiten ihm zudem wachsende Risiken für die Finanzstabilität, die sich aus einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld ergeben.
Im November übernimmt Christine Lagarde die EZB-Präsidentschaft von Mario Draghi. Erwarten Sie durch die Stabsübergabe eine neue Stoßrichtung in der Geldpolitik?
Die Konjunktur trübt sich ein, die Einlagenzinsen der EZB sind bei minus 0,5 %. Hat die Geldpolitik überhaupt noch Spielraum?
Werden die Zinsen zumindest auf längere Sicht auch mal wieder steigen? Oder steuern wir auf japanische Verhältnisse zu?
Also kein Licht am Ende des Tunnels?
Was bedeutet dieser Ausblick für die Versicherungswirtschaft und für Munich Re?
Menhart: Anhaltend niedrige Zinsen sorgen dafür, dass an den Finanzmärkten die „Jagd nach Rendite“ weitergeht, so dass die Gefahr einer Überwertung von Vermögenspreisen steigt. So warnt z.B. der Internationale Währungsfonds vor Risiken für die Finanzstabilität – nicht nur wegen möglicher Vermögenspreisblasen, sondern auch, weil in vielen Ländern vor allem die Verschuldung von Unternehmen deutlich gestiegen ist. Das ist eine gefährliche Nebenwirkung der Zentralbankpolitik der letzten Jahre.
In der Rückversicherung hat ein weiter andauerndes Niedrigzinsumfeld vor allem Auswirkungen auf „long-tail“-Geschäft, denn Zinserträge können weniger zum Ergebnis beitragen. Eine gewisse Entlastung bringt hier die erwartete geringe Inflation, zumindest in den Segmenten, in denen die Profitabilität von volkswirtschaftlichen Inflationsfaktoren abhängt. Und im Lebensversicherungsgeschäft zeigt sich, wie wichtig es war, nicht mehr auf Produkte mit Zinsgarantien zu setzen.