
„Wir wollen noch enger mit den Kunden kooperieren”
Rolf-Dieter Krahmer, General Manager von Munich Re in Bogotá, über den Wachstumsmarkt Kolumbien und das Angebot von Munich Re vor Ort.

Topics Magazin: Herr Krahmer, Sie leiten seit fünf Jahren die Außenstelle von Munich Re in Bogotá. Was hat sich in dieser Zeit im Land verändert?
Topics Magazin: Herr Krahmer, Sie leiten seit fünf Jahren die Außenstelle von Munich Re in Bogotá. Was hat sich in dieser Zeit im Land verändert?
Rolf-Dieter Krahmer: Kolumbien zeichnet sich durch viele Gegensätze aus und hat in der jüngeren Vergangenheit einen starken, positiven Wandel erlebt. Nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs ist der seit 2010 amtierende Präsident Juan Manuel Santos auf die Guerillabewegung FARC zugegangen und hat einen Friedensprozess eingeleitet. Das strahlt positiv auf die Wirtschaft aus, sodass Kolumbien neben Chile und Peru inzwischen zu den Wachstumsregionen in Lateinamerika gehört. Ein Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Infrastruktur. Die Ausgaben dafür sollen sich in den kommenden fünf Jahren verdreifachen. Es entstehen vor allem neue Straßen und Flughäfen, und das Land wächst immer stärker zusammen.
Bogotá ist die vierte Außenstelle von Munich Re, in der Sie arbeiten. Was gefällt Ihnen hier besonders gut?
Es ist unverkennbar, dass das Land sein negatives Image ablegt, wodurch sich ganz neue Chancen eröffnen. Ich empfinde es als eine der spannendsten Aufgaben, diesen Wandel zu begleiten. Die Menschen blicken nach vorn und wollen die Zukunft gestalten. Eine große Stärke sind die vielen gut ausgebildeten und jungen Fachkräfte, was für uns und viele internationale Unternehmen von Vorteil ist. Kolumbien ist übrigens weitaus innovativer, als man denkt. Viele große Unternehmen leisten sich Innovationsmanager, und Medellín ist 2013 zur weltweit innovativsten Stadt gewählt worden.
Inwiefern machen sich die besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch auf dem Versicherungsmarkt bemerkbar?
Kolumbien verfügt über eine vergleichsweise junge Bevölkerung, die Versicherungsdurchdringung ist noch gering. Mit dem anziehenden Wirtschaftswachstum ist die Arbeitslosigkeit deutlich zurückgegangen, die Mittelklasse hat sich etabliert. Daraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für die Versicherungswirtschaft, die stärker gewachsen ist als die Volkswirtschaft insgesamt. Das gilt vor allem in der Personen- und Kfz-Versicherung. Hinzu kommt die steigende Wertekonzentration im Land, was sich in einer höheren Nachfrage nach Katastrophendeckungen niederschlägt. Daneben schafft der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur einen interessanten Markt für die Assekuranzen. Bei den zahlreichen Tunnel- und Brückenprojekten, die der Topografie des Landes geschuldet sind, ist neben der Kapitalkraft auch ein hohes Maß an Expertise der Rückversicherer gefragt. Nicht zuletzt bietet das Segment Leben gute Chancen, da die Probleme der niedrigen Verzinsung noch nicht so gravierend sind wie etwa in Europa.
Wie stellt sich das Umfeld für die Assekuranz also heute in Kolumbien dar?
Durch die positive wirtschaftliche Entwicklung sind viele Global Player aus dem Erst- und Rückversicherungssegment auf den Markt aufmerksam geworden, und die Konkurrenz ist dadurch deutlich größer geworden. Viele haben sich an lokalen Firmen beteiligt bzw. ihre Aktivitäten ausgeweitet. Zusätzlich gab es eine Reihe von Neugründungen, sodass am Markt Umverteilungen stattgefunden haben. Uns als Munich Re kommt zugute, dass wir als erster Rückversicherer schon vor 35 Jahren ein Büro in Kolumbien eröffnet haben und seitdem kontinuierlich vor Ort sind. Das hat Vertrauen geschaffen.
Wie ist das Büro in Bogotá aufgestellt?
Wie ist das Büro in Bogotá aufgestellt?
Aus den 18 Mitarbeitern während meiner Anfangszeit sind heute 26 Kollegen aus sieben Nationen geworden. Wir haben uns von einer lokalen zu einer regionalen Außenstelle gewandelt und sind als Hub auch für andere Teile von Lateinamerika zuständig. In den vergangenen Jahren haben wir zudem unsere Serviceleistungen ausgeweitet, etwa in den Bereichen Engineering, Loss Control oder bei der Transportversicherung. Dabei sind wir zunehmend als Solution-Provider erfolgreich, der zusammen mit den Kunden maßgeschneiderte Lösungen entwickelt. In den vergangenen eineinhalb Jahren haben wir außerdem vermehrt innovative Projekte umgesetzt. Gemeinsam mit den Kunden spüren wir Trends auf und entwickeln Strategien, um diese Trends erfolgreich zu nutzen.
Was bedeutet das konkret?
Im Finanzbereich haben wir etwa mit verschiedenen lokalen Gesellschaften Maßnahmen zur Kapitalentlastung durch Rückversicherung erarbeitet. Auch konnten wir mit einem lokalen Erstversicherer eine neue Vertriebsschiene aufbauen. Eine Internetplattform ermöglicht es jetzt Interessenten, Motorpolicen oder Personenversicherungen unkompliziert abzuschließen. Im Bereich Infrastruktur haben wir eine neue Engineering-Police lanciert, um auch komplizierte Projekte noch besser abzusichern. Des Weiteren fungieren wir im Markt als Knowhow-Träger und „first mover“ im Bereich Cyberrisiken und generieren bereits Geschäft in diesem Bereich.
Das Büro in Bogotá dient zugleich als Hub für Lateinamerika. Welche Vorteile bietet diese Lösung?
Munich Re verfügt über fünf Nicht-Leben- sowie über eine Leben-Außenstelle in Lateinamerika. Vor zwei Jahren wurde der Entschluss gefasst, Bogotá als Hub zu positionieren. Die Zuständigkeit für ein größeres Einzugsgebiet hat uns mehr Unabhängigkeit gebracht, und wir sind nun in der Lage, noch näher am Kunden zu agieren. Die Kommunikation in der gleichen Sprache und der gleichen Zeitzone beschleunigt die Geschäftsprozesse. Wir verfügen jetzt über weiterreichende Underwriting-Vollmachten, sodass Kapazitätsanfragen im fakultativen Geschäft, die über die Verantwortungsbereiche der lokalen Gesellschaften hinausreichen, nicht mehr über München laufen müssen. Zusätzlich haben wir den Schadenbereich eminent ausgeweitet – nicht nur in Bezug auf die Schadenbearbeitung. Vielmehr agieren wir als Dienstleister, der zusammen mit den Kunden nach Lösungen sucht, um Schadenquoten zu senken, Underwriting-Policen zu verbessern und aus Schadenerfahrungen zu lernen.
Ist dieser Hub eine spezielle Einrichtung für Lateinamerika?
Nein, es gibt andere Beispiele in Asien (Singapur, Hongkong). Die Politik von Munich Re lautet ja: Think global, act local. Angesichts der vielen Außenstellen können wir nicht in jedem Land sämtliche Services vorhalten, sondern nur in den stärksten Märkten. Dort konzentrieren wir die Underwriting-Kompetenzen und -Services und transportieren diese Dienste dann in die Regionen. Das ist auch eine Frage der kritischen Masse in den einzelnen Büros. Die lokalen Teams bündeln die Expertise und bieten umfangreiche Dienstleistungen. Somit ist sichergestellt, dass der Kunde einen Mehrwert erhält. Auch wenn wir physisch nicht an allen Orten präsent sind, können wir jederzeit über neue Medien kommunizieren. Und während wir früher fast ausschließlich auf das traditionelle Geschäft beschränkt waren, hat sich der Fokus zunehmend auf die Projektarbeit verlagert, wo wir mit Kunden innovative Projekte und passgenaue Lösungen entwickeln.
Wo würden Sie die Außenstelle in Bogotá in wenigen Jahren sehen?
Die Richtung, die wir eingeschlagen haben, ist richtig. Wir arbeiten daran, dass noch mehr Expertise im Hub verfügbar ist, damit wir unsere Kunden noch besser begleiten und sie fit für die Zukunft machen können. Besonders wichtig ist mir, dass wir als Außenstelle als „One Team“ auftreten und in der Lage sind, die gesamte Kompetenz von Munich Re zu transportieren. Mein Ziel ist es, unseren Kunden als kompetenter und proaktiver Solution-Provider zur Seite zu stehen, um gemeinsam erfolgreich zu sein.