
Irgendwo gibt es immer eine Sicherheitslücke
Im Gespräch mit Cyber-Koryphäe Marco Di Filippo
Herr Di Filippo, wo lauern aus Ihrer Sicht die größten Cyber-Gefahren für Unternehmen – sind es die eigenen Mitarbeiter?
Für wie wichtig halten Sie die Schulung der Mitarbeiter?
Sind staatliche Stellen geeignet und dazu in der Lage, Unternehmen künftig besser zu schützen oder ist dies eine Aufgabe für die Privatwirtschaft?
Deshalb kann sich die Privatwirtschaft nur selber schützen. Entscheidend ist, dass jedes Unternehmen sein IT-System isoliert und clustert, damit ein erfolgreicher Cyber-Angriff sich nicht gleich über das gesamte Unternehmen ausbreiten und dieses stilllegen kann. Die dafür ergriffenen Schutzmaßnahmen müssen technisch umfassend und immer auf dem neuesten Stand sein – insbesondere im Hinblick auf autorisierte Zugriffsmöglichkeiten von außen.
Wie sehen Sie die Rolle der Versicherungsindustrie in diesem Zusammenhang?
Sind dabei auch die Versicherer gefragt und sollten entsprechende Beratungsleistungen aufbauen?
Di Filippo: Definitiv ja. Einfach nur einen standardisierten Fragebogen zu verschicken und Unternehmen auf dieser Basis zu versichern, das kann es aus meiner Sicht nicht sein! Stattdessen sollten Cyber-Versicherer rund um ihr Produkt geeignete Beratungs- und Serviceleistungen anbieten. Zudem meine ich, dass Versicherer in ihren Bedingungswerken darauf hinwirken sollten, dass Mitarbeiter von versicherten Unternehmen qualifiziert werden. In der Kfz-Versicherung ist das ja auch gelungen. Ein Vergleich: Wenn heute ein Auto vor den Baum fährt, wird zuallererst nach der Qualifikation und Tauglichkeit des Fahrers gefragt und nicht nach dem technischen Versagen des Autos. Dahin müssen wir auch im Umgang mit Cyber-Risiken kommen, indem wir die Anwender von IT-Systemen qualifizieren.
Marco Di Filippo ist seit seiner Kindheit ein Computer-Enthusiast und arbeitet seit 1996 im IT-Consulting, davon mehr als 15 Jahre im Bereich Informationssicherheit bzw. Cybersecurity, sowohl aus der offensiven als auch aus der defensiven Sicht. Sein Spezialgebiet sind organisatorische und technische IT-Sicherheitsprüfungen und -konzepte. In seiner bisherigen Laufbahn hatte er führende Positionen im Management von IT-Security-Dienstleistern wie VisuKom, Compass Security und KORAMIS inne.
Schon lange vor Bekanntwerden von Cyber-Angriffen warnte Herr Di Filippo die Öffentlichkeit vor unzureichend abgesicherten industriellen Steuerungssystemen (ICS – Industrial Control Systems).
Er war somit maßgeblich an der Sensibilisierung für mögliche Cyber-Bedrohungen und an der Verbreitung entsprechender Cyber-Security-Strategien beteiligt.
Herr Di Filippo ist Autor zahlreicher Publikationen und Mitautor diverser Fachbücher. In der Fachpresse und in seinem Blog publiziert er regelmäßig über Sicherheitslücken und -Vorfälle sowie neuste (Forschungs-) Erkenntnisse der Branche.