
Erhöhtes Waldbrandrisiko durch Regen
Erst brannte der Norden, dann der Süden: Zwei verheerende Waldbrandserien im Oktober und im Dezember hinterließen in Kalifornien Schäden in Milliardenhöhe. Es steht zu befürchten, dass derartige Feuer den Bundesstaat künftig häufiger heimsuchen werden.
Auslöser der Feuer
Nach sechs Jahren extremer Dürre fand im Winter 2016/17 die bisher wärmste und trockenste Periode in der Geschichte des US-Bundesstaates seit Beginn der Wetteraufzeichnungen mit dem nassesten Winter überhaupt im Norden Kaliforniens ein Ende. Drei Monate lang fielen Unmengen von Regen und Schnee. Die von der Vegetation dringend benötigten Niederschläge sorgten für üppiges Pflanzenwachstum: Nach Jahren färbte sich der Golden State dank frischen Grases, Chaparral-Sträuchern und anderer Pflanzen wieder grün.
Die niederschlagsreiche Zeit endete im April, und in den folgenden fünf Monaten fiel an der Westküste kaum noch Regen. Die frische Vegetation vertrocknete – und bot Waldbränden eine ideale Grundlage. Es überraschte nicht, dass infolge der wieder einsetzenden Trockenheit und des reichlich vorhandenen brennbaren Materials die Waldbrandsaison in Kalifornien früher begann als üblich. Als sie Ende September ihren Höhepunkt erreichte, hatte die „ideale“ Kombination aus Hitze, geringer Luftfeuchtigkeit und organischem Material eine wortwörtlich brandgefährliche Situation geschaffen. Anfang Oktober rief der nationale Wetterdienst angesichts der extremen Gefahr für Nordkalifornien die Alarmstufe Rot aus. Im Dezember erging auch für die Region um Los Angeles eine entsprechende Warnung.
Wechsel von Nässe und Trockenheit erhöht das Risiko
Große Waldbrände entstehen insbesondere dann, wenn zwei meteorologische Bedingungen zusammentreffen: trockene Witterung und starke Winde. 2017 hat aber gezeigt, dass es in Kalifornien gar nicht jahrelanger extremer Dürre bedarf, um optimale Bedingungen zu schaffen, ein paar trockene Monate genügen. Infolge des Klimawandels wird es in Kalifornien zudem immer heißer, so dass die Verdunstung zunimmt. Anders ausgedrückt: In Kalifornien tritt eine feuergefährliche Lage heute schneller ein als früher.
Neben Trockenheit erhöhen starke Winde die Waldbrandgefahr. Sie entstehen unter unterschiedlichen meteorologischen Voraussetzungen. Die meisten schweren Waldbrände in Kalifornien ereignen sich im Zusammenhang mit so genannten „Santa Ana“- oder „Diablo“-Fallwinden im Süden bzw. Norden. Dazu kommt es, wenn unter dem Einfluss eines Hochdruckgebiets im amerikanischen Westen trockene Luft aus dem Landesinneren die Gebirgstäler hinabströmt und dabei immer schneller wird.
Bilanz der Brände
Das Tubbs-Feuer, das die höchsten Schäden hinterließ, brach am 8. Oktober um etwa 22 Uhr Ortszeit aus. Ein böiger Nordostwind mit Windgeschwindigkeiten von 50 bis 70 km/h sorgte dafür, dass sich das Feuer rasch ausbreitete. Die Diablo-Winde wurden im Laufe der Nacht immer stärker und erreichten schließlich Geschwindigkeiten von 100 km/h. Der örtliche Krisenstab ordnete in Santa Rosa und im Sonoma County Evakuierungen an, als die Flammen die Wohnviertel erreichten. Insgesamt fielen dem Tubbs-Feuer über 5.500 Gebäude zum Opfer, die meisten innerhalb der ersten 24 Stunden nach Ausbruch.
Ungefähr gleichzeitig entstand am 8. Oktober östlich der Stadt Napa das Atlas-Feuer. Wie beim Tubbs-Feuer breiteten sich auch hier die Flammen rasch aus und erfassten letztlich eine Fläche von 210 km2. Die Städte Napa und Yountville sowie andere Ortschaften kamen relativ glimpflich davon. Dennoch zerstörte das Atlas-Feuer 487 Gebäude, 90 weitere wurden beschädigt.
Zwei Monate später wüteten Feuer in Südkalifornien. Am 4. Dezember brach in einem Canyon im Ventura County rund 100 km von Los Angeles entfernt das Thomas-Feuer aus. Angefacht durch starke Santa-Ana-Winde breitete es sich explosionsartig aus und verbrannte 1.140 km2. Mindestens 800 Gebäude wurden zerstört. Selbst nach zwei Wochen waren die Flammen immer noch nicht vollständig unter Kontrolle. Damit wurde es zum größten Feuer in der Geschichte des Bundesstaats. Ebenfalls erwähnenswert sind das Lilac-Feuer im Norden des San Diego County, dem rund 200 Gebäude zum Opfer fielen, und das Skirball-Feuer, das im Luxusviertel Bel Air in Los Angeles sechs Villen zerstörte.

Hohe Belastungen für die Versicherungswirtschaft
Die Brände in Nordkalifornien übertrafen selbst den berüchtigten Feuersturm von Oakland Hills 1991. Drei Faktoren haben das hohe Schadenausmaß begünstigt. Betroffen waren erstens mehrere wohlhabende Orte mit extrem hohen Immobilienwerten. Jedes Gebäude, das den Flammen zum Opfer fiel, war im Grunde ein Schadenfall in Millionenhöhe. Zweitens kam es aufgrund der Bevölkerungsdichte und der Wertekonzentration in der Region weitläufig zu Rauchschäden. Und drittens entstanden 20 Prozent der Brandschäden an gewerblichen Immobilien, etwa doppelt so viel wie bei früheren Waldbränden. Betroffen waren Firmen im Stadtgebiet von Santa Rosa, Weingüter im Napa County und ein Krankenhauskomplex in Ventura.
Die rasche Brandausbreitung verdeutlicht zudem, wie schwierig es sein kann, Häuser zu retten. Privaten Brandschutz-Firmen gelingt es zwar manchmal, ein Haus zu schützen, aber die beste Prävention bieten immer noch (1) die Verwendung von feuerhemmenden Baustoffen, (2) die Anpflanzung von einheimischen Gewächsen in einem ausreichenden Abstand zu den Gebäuden, (3) die Beseitigung von Pflanzenresten vor dem Haus, auf dem Dach und in den Regenrinnen sowie (4) ein Sicherheitsstreifen zur Brandabwehr von mindestens 25 bis 30 Metern rund um das Haus. Wirksam werden Schutzmaßnahmen aber erst, wenn alle Einwohner gemeinsam ihren Ort widerstandsfähiger gegen das Waldbrandrisiko machen.
Waldbrandgefahr bleibt hoch
Der Winter 2017/18 wird von einem La-Niña-Ereignis geprägt, das Kalifornien unterdurchschnittliche Niederschläge bringen dürfte. Die Waldbrandgefahr könnte daher auch in den Wintermonaten anhalten. Das Ausbleiben kräftiger Niederschläge dürfte sich jedoch zumindest für die Gegenden als günstig erweisen, die 2017 von Bränden betroffen waren. Denn übermäßige Regenmengen innerhalb kurzer Zeit können die abgebrannten Berghänge destabilisieren und das Risiko von Erdrutschen und Schlammlawinen erhöhen.
Auf längere Sicht werden die Häufigkeit großer Waldbrände im Westen Amerikas und das Ausmaß der versicherten Schäden höchstwahrscheinlich zunehmen. Das liegt im Wesentlichen an der zunehmenden Zersiedelung, der Ausweitung von Besiedelungszonen in die natürliche Umgebung hinein, sowie am Wertzuwachs von Immobilien und sonstigen Sachwerten. Darüber hinaus spielen Klimafaktoren eine Rolle - der globale Klimawandel verlängert die Waldbrandsaison. Ausgeprägtere Hitze- und Dürreperioden bedeuten zusätzlichen Stress für Bäume und machen sie anfälliger für Krankheiten, Insektenbefall und Brände. Eine Änderung dieser Trends ist in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Umso wichtiger ist es, die Brandsicherheit von Gebäuden zu verbessern und sicherzustellen, dass Gemeinden zusammenstehen, um mit geeigneten Maßnahmen das kollektive Risiko zu vermindern.
