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Von Januar bis Juni 2024 lag die globale Durchschnittstemperatur etwa 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau. Fast überall auf der Welt herrschten in der ersten Jahreshälfte ungewöhnlich hohe Durchschnittstemperaturen, zudem wurden weltweit neue Temperaturrekorde gemeldet. Die jüngsten Schäden durch Naturkatastrophen in Afrika machen deutlich, wie wichtig es ist, dass sich die Versicherungswirtschaft mit dem Klimawandel auseinandersetzt. Gestützt auf über fünf Jahrzehnte Erfahrung und eine Fülle von Daten beleuchten wir einige Aspekte, die Versicherer beim Management dieser Risiken berücksichtigen sollten.
Die Naturkatastrophen des ersten Halbjahres 2024
Munich Re hat Ende Juli ihren aktuellen Halbjahresbericht über weltweite Naturkatastrophen veröffentlicht.
Im ersten Halbjahr 2024 beliefen sich die weltweiten Schäden aus Naturkatastrophen auf insgesamt 120 Mrd. US$; etwa die Hälfte davon (62 Mrd. US$) waren versichert[1]. Im Jahr 2023 haben wir uns gefragt, ob versicherte Schäden in Höhe von insgesamt 100 Mrd. US$ die neue Normalität sind. Angesichts der jüngsten Zahlen scheint es durchaus möglich, dass bis Ende 2024 die Schwelle von 100 Mrd. US$ überschritten wird.
Weltweit sind die meisten Schäden (68 % der volkswirtschaftlichen und 76 % der versicherten Schäden) auf schwere Unwetter, Überschwemmungen und Waldbrände (so genannte „Non-peak-Perils“) zurückzuführen.
Auch Afrika blieb nicht verschont. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 verursachten Naturkatastrophen dort volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von insgesamt 0,5 Mrd. US$. In Afrika klafft nach wie vor eine große Versicherungslücke; die Versicherungsdurchdringung liegt in der Regel weit unter 1 %. Die folgenden Tabellen stellen die Katastrophenereignisse in der ersten Hälfte des Jahres 2024 im Vergleich mit den letzten fünf Jahren dar.
Tabelle 1: Übersicht der Katastrophenschäden in Afrika im Vergleich mit den letzten fünf Jahren
Erstes HJ 2024 | 2023 | 2022 | 2021 | 2020 | 2019 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Volkswirtschaftliche Schäden (in Mio. US$) | 463,1 | 14.654,3 | 10.468,7 | 893,6 | 2.100,0 | 4.047,5 |
Tote | 848 | 10.912 | 2.515 | 733 | 1.581 | 2.723 |
Tabelle 2: Die fünf größten Naturkatastrophen in Afrika in der ersten Hälfte des Jahres 2024
Datum | Land/Region | Ereignis | Tote | Volkswirtschaftliche Schäden (Mio. US$) |
---|---|---|---|---|
18.03. - 30.04.2024 | Burundi; Tansania; Kenia; Somalia | Überschwemmung, Sturzflut, Erdrutsch | 351 | 241,9 |
13.01. - 16.01.2024 | Südafrika | Überschwemmung, Erdrutsch, Sturzflut | 13 | 46,2 |
27.03. - 28.03.2024 | Madagaskar | Zyklon Gamane | 19 | 44,0 |
23.04. - 18.05.2024 | Äthiopien | Überschwemmung | 14 | 34,5 |
15.05. - 31.05.2024 | Somalia | Überschwemmung | 8 | 15,1 |
Wie bereit sind wir, Klimarisiken anzugehen?
Munich Re hat in Südafrika eine Umfrage unter 500 Unternehmensvertretern aus unterschiedlichen Funktionen und Branchen (u. a. Erst-/Rückversicherung, Land-/Forstwirtschaft, Banken, Gesundheitswesen, Transportwesen) durchgeführt.
Insgesamt ist die Besorgnis über den Klimawandel sehr hoch; die Bereitschaft, in Prävention zu investieren, ist geringer, aber erkennbar. Die überwiegende Mehrheit (86 %) der Teilnehmer zeigte sich wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels auf ihr Unternehmen besorgt. Zudem gaben etwa 70 % der Befragten an, dass ihre Besorgnis in den letzten zehn Jahren zugenommen habe, und sie von erheblichen Veränderungen bei Wetterkatastrophen und deren Auswirkungen auf das eigene Unternehmen ausgingen.
Wir haben Hausbesitzer gefragt, ob sie angesichts der zunehmenden Wetterkatastrophenrisiken überlegt hätten, ihren Versicherungsschutz zu erweitern. Die große Mehrheit der Befragten (57 %) gab an, den Schutz erweitern zu wollen. In der Umfrage wurde deutlich, dass sich Hausbesitzer hauptsächlich aus Kostengründen gegen eine Versicherung von Wetterkatastrophenrisiken entscheiden.
Wie können wir als Branche eine resilientere Zukunft gestalten?
Man könnte argumentieren, dass der steigende Trend bei den Schadenkosten nicht durch den Klimawandel bedingt ist, sondern mit der Zunahme der versicherten Risiken (z. B. aufgrund von Stadtentwicklung und Bevölkerungswachstum) zu erklären ist. Der Zuwachs an versicherten Risiken dürfte sicherlich zum Anstieg der Gesamtschäden beigetragen haben; um den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Naturkatastrophen herzustellen, könnte man jedoch auf Attributionsstudien zurückgreifen2. Ein Beispiel: Wie die Organisation „World Weather Attribution“ ermittelte, treten Ereignisse wie die Überschwemmungen 2022 in KwaZulu-Natal in der Realität ungefähr alle 20 Jahre auf. In einer um 1,2 °C kühleren Welt wäre ein Ereignis dieser Größenordnung mit einer Wiederkehrperiode von etwa 40 Jahren seltener3. Selbst wenn die versicherten Risiken theoretisch immer die gleichen blieben, würde der Klimawandel demnach zu höheren Schäden führen, weil die Häufigkeit und/oder Schwere der Ereignisse zunimmt.
Angesichts der sich verändernden Risikolandschaft nennen wir im Folgenden einige Maßnahmen, die Versicherer in Betracht ziehen könnten, um für die Branche insgesamt eine resiliente Zukunft zu sichern:
- Datenintelligenz und Portfoliosteuerung: Versicherer müssen die Risikostandorte ihrer Versicherten so genau kennen, dass sie eine gezielte Risikoselektion vornehmen können. Wichtig ist auch eine sehr sorgfältige Kumulkontrolle im Verhältnis zum Risikoappetit. Mit der benutzerfreundlichen Software Location Risk Intelligence von Munich Re können die Anwender spezielle Klimarisikoanalysen für Tausende von Risikostandorten schnell bewerten und daraus Erkenntnisse gewinnen, um das eigene Portfolio im Kontext des Klimawandels zu steuern.
- Pricing: In Anbetracht der zu erwartenden zunehmenden Häufigkeit und Schwere von Naturkatastrophenereignissen ist eine verantwortungsbewusste Preisgestaltung notwendig. Diese erfordert eine hohe Sachkenntnis.
- Risikominderung: Wir sollten als Branche das Bewusstsein für Extremwetter und entsprechende Risikomanagement-Maßnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette weiter vorantreiben.
Extremwetterereignisse werden sich auch künftig auf die Gesellschaft auswirken. Wir alle sollten zuversichtlich und optimistisch in die Zukunft sehen und uns darauf konzentrieren, unsere Anpassungsfähigkeit an den Wandel sicherzustellen. Wenn wir zusammenarbeiten, wird es uns gelingen, die Menschen und die Volkswirtschaften, in denen wir leben und arbeiten, vor den negativen Auswirkungen von Extremwetterereignissen zu schützen.