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Sicherheit für Container auf See: Katastrophen bei Stürmen vorbeugen
Sicherheit für Container auf See: Katastrophen bei Stürmen vorbeugen
© Heinz Kanning
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    Containerschiffe brechen häufiger auseinander als gedacht. Wertvolle Fracht geht verloren. Die wichtigsten Ursachen und dringendsten Maßnahmen zur Prävention im Überblick.
    Das Containerschiff „MOL Comfort“ im Arabischen Meer, der Tanker „Erika“ vor der bretonischen Küste, der Öltanker „Prestige“ vor der spanischen Atlantikküste, der Containerfrachter „MSC Napoli“ im Ärmelkanal, das Containerschiff „Rena“ vor Neuseeland, der Schüttgutfrachter „MV Smart“ an der Ostküste Südafrikas: Die Liste der Schiffe, die auf diversen Weltmeeren auseinanderbrachen, ist lang. So unterschiedlich die Ursachen auch sein mögen, die Fälle haben eines gemeinsam: Die Schiffe havarierten meist im Sturm und bei relativ hohem Seegang. Dabei gerät die Schiffskonstruktion unter enorme Belastungen.

    Die wichtigsten Ursachen für das Auseinanderbrechen von Schiffen

    1. Hochwertige flexible Werkstoffe sind für kommerzielle Zwecke zu teuer: Kommerzielle Schiffe werden heute fast ausschließlich aus Stahl gebaut, Holz hat im Handelsschiffbau schon lange ausgedient. Andere Materialien wie Aluminium oder faserverstärkte Kunststoffe (zum Einsatz kommen Glas-, Kohlenstoff- oder Carbonfasern – GFK/KFK/CFK) sind zwar möglich, aber um ein Vielfaches teurer. Sie werden, wenn überhaupt, fast ausschließlich im Yachtbau eingesetzt.
    2. Hohe Wellen und eine ungleichmäßige Kräfteverteilung sorgen für starke Torsions- und Scherkräfte: Obwohl Stahl ein hochfester Werkstoff mit einer sehr hohen Steifigkeit ist, lässt er sich unter Belastung verformen. Dabei gilt: Je länger das Schiff, desto stärker biegt sich der Rumpf. Bei ruhigem Wetter ist das für das Auge kaum wahrnehmbar. Kommen äußere Einflüsse wie Sturm und hohe Wellen hinzu, verformt sich der Schiffskörper aber entsprechend stärker, und zwar sowohl entlang der Querachse als auch entlang der Längsachse aufgrund von Torsionskräften. Ungleichmäßiges Beladen kann ebenfalls zu einer Verformung des Schiffskörpers führen, was sich bis zu einem gewissen Grad durch entsprechendes Ballastwasser-Management verringern lässt. Hierfür wird Wasser in spezielle Tanks im Schiffskörper gepumpt, um die unterschiedliche Kräfteverteilung so gut wie möglich auszugleichen. Bei Scherkräften, die bei Wind und Wellengang schräg auf den Schiffskörper wirken, muss diese Methode naturgemäß versagen.
    3. Der Stahl ist minderwertig und falsch verbaut: Umso wichtiger, dass die Schiffsstruktur den Belastungen standhält. Entscheidend dafür ist zum einen die Beschaffenheit und Zusammensetzung des Stahls, zum anderen die verbaute Menge. Kommt zu viel Stahl zum Einsatz, steigt das Eigengewicht des Schiffs, wird zu wenig verbaut, können sich Probleme mit der Festigkeit ergeben – eine schwierige Gratwanderung. Zudem darf der langfristige Einfluss der Korrosion nicht vernachlässigt werden. Salz und Wasser reagieren aggressiv mit Stahl, was dazu führt, dass die Schiffshülle im Lauf der Zeit an Dicke und damit an Stabilität verliert.

    Was Reeder präventiv tun sollten

    1. Fehlbeladungen vermeiden: Die Einflüsse auf den Schiffskörper durch die Ladung lassen sich theoretisch gut in den Griff bekommen. Die einfachste Lösung ist eine homogene Beladung, sodass Biegemomente gar nicht erst entstehen. Allerdings sind optimale Bedingungen in der Praxis so gut wie nie anzutreffen. So kommt es, dass ein Schiff häufig in der Mitte, am Bug oder am Heck schwerer beladen ist. Die daraus resultierenden Belastungszustände, die man in der Schifffahrt als Hogging bzw. Sagging bezeichnet, lassen sich durch Ballastwasser verringern oder sogar ganz ausgleichen.
    2. Die Tiefgangsmarken vor dem Auslaufen überprüfen: Feststellen kann man die ungleiche Beladung, indem man vor dem Auslaufen anhand der Tiefgangsmarken am Vor-, Mitt- und Achterschiff prüft, wie das Schiff im Wasser liegt. Das Ablesen gehört zur Routine des Ladungsoffiziers und des Kapitäns. Zusammen mit den Ladungsinformationen kann dann das Ballastwassermanagement entsprechend gegensteuern, um Schlagseite zu verhindern. Die Beladungsplanung erfolgt in der Regel nicht an Bord, sondern wird an Land vom Charterer oder vom beauftragten Planungsbüro vorgenommen. Bei einem Tanker oder Schüttgutfrachter fällt das relativ leicht. Sie haben oftmals lediglich eine bestimmte Ladung an Bord und laufen nur wenige Häfen zum Be- und Entladen an. Containerschiffe hingegen sind wahre „Krämerläden“ und bringen unterschiedlichste Güter an eine Reihe von Anlaufhäfen.
    3. Einzelne Container vor dem Verladen wiegen und die Informationen an Bord konsequent weiterverarbeiten: Die Gewichtsproblematik wäre relativ einfach in den Griff zu bekommen. Die Containerbrücken in vielen Häfen sind heute in der Lage, die Boxen während des Ladens mit einer eingebauten Waage zu wiegen. Allerdings müssten die so gewonnenen Informationen auch weiterverarbeitet werden, sowohl an Bord als auch im jeweiligen Planungsbüro des Schiffs. Eine Initiative im Bereich der Gewichtsverifikation wäre nicht nur wünschenswert, sondern unbedingt notwendig, um die Sicherheit im Schiffsverkehr zu erhöhen.
    4. Nur Schiffe mit modernen Werkstoffen einsetzen: Angesichts der Vielzahl von möglichen Kräften, die auf ein Schiff einwirken, kommt dem konstruktiven Design eine entscheidende Rolle zu. Die optimale Kombination aus Steifigkeit und Elastizität des Stahls sorgt für eine bestmögliche Balance des Schiffskörpers im Wasser. Auch wenn Schiffbauingenieure auf jahrzehntelange Erkenntnisse aus dem Stahlbau zurückgreifen können, stellt die Neukonstruktion immer größerer Schiffe eine Herausforderung dar. Um Gewicht und Material einzusparen, kommen hier hochfeste Stahllegierungen und spezielle Verstrebungen zum Einsatz, so dass Schiffe eigentlich nicht auseinanderbrechen dürften.
    5. Schwesterschiffe von Unglücksfrachtern untersuchen: Bei der „MOL Comfort“ wird man letztendlich die genaue Ursache für das Auseinanderbrechen nicht mehr feststellen können. Die Schiffsteile liegen rund 4.000 Meter tief auf dem Grund des Indischen Ozeans. Auf den Schwesterschiffen, die man in der Folge des Unglücks untersucht hat, konnte man leichte Verformungen am Schiffskörper ungefähr in dem Bereich feststellen, in dem die „MOL Comfort“ gebrochen war. Dort haben sich Beulen in der Bodenplatte gebildet, und man hat sich für eine Verstärkung des Bereichs bei allen baugleichen Schiffen entschieden. Darüber hinaus wird die Beschaffenheit des neu entwickelten Stahls untersucht, um festzustellen, ob dessen chemische Zusammensetzung Auswirkungen auf das Unglück hatte.
    Munich Re Experten
    Olaf Köberl
    ist Kapitän und Rechtsanwalt und fuhr zehn Jahre lang als Nautischer Schiffsoffizier auf Tank- und Containerschiffen.

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