Life/Health
Früh erkennen, besser behandeln:
Eine Munich Re Studie identifiziert gesundheitliche Warnsignale für die spätere Entwicklung psychischer Erkrankungen
Früh erkennen, besser behandeln
© © 2018 Yiu Yu Hoi

 Eine aktuelle Studie von Munich Re belegt: Körperliche Symptome und weitere Diagnosen können ein Frühwarnsignal für die spätere Entwicklung psychische Erkrankungen sein.

Erkenntnisse der Studie mit Daten von über 380.000 gesetzlich Versicherten in Deutschland helfen bei der Prävention und frühzeitigen Erkennung psychischer Erkrankungen – dem häufigsten Grund für langfristige Arbeitsunfähigkeit.

Häufige Arztbesuche, lange Arbeitsfehlzeiten, Rückenschmerzen, Hyperventilieren sowie Probleme im sozialen und beruflichen Umfeld zeigen dabei einen deutlichen Zusammenhang mit später diagnostizierten Depressionen und/oder Angststörungen.

Bestimmte körperliche Symptome und Belastungssituationen können Frühindikatoren von sich später entwickelnden psychischen Erkrankungen sein. Mit diesen Erkenntnissen lassen sich Behandlungen früher einleiten, Krankheitsverläufe verbessern und Versicherungsrisiken mindern. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Experten von Munich Re, die Gesundheitsdaten von über 380.000 gesetzlich versicherten erwerbstätigen Personen in Deutschland im Alter von 16 bis 60 Jahren aus den Jahren 2013 bis 2020 untersuchte. Ziel der Studie war es, Warnsignale für eine mögliche folgenschwere psychische Erkrankung zu identifizieren und den Einfluss körperlicher Diagnosen zu untersuchen.

Psychische Erkrankungen gelten weltweit als einer der häufigsten Auslöser von Berufsunfähigkeit mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen. Oft werden sie erst spät diagnostiziert, da sich viele Menschen mit körperlichen Symptomen an Ihren Arzt wenden und dabei keine psychischen Beschwerden äußern. So konzentriert sich die Diagnose oft allein auf die körperlichen Beschwerden. Eine frühere Erkennung von Risiko-Indikatoren für psychische Erkrankungen könnte eine frühzeitige Diagnose und Behandlung ermöglichen. Chronische Verläufe wären seltener, die Prognose für die Betroffenen besser und Versicherungsschäden geringer.

Der Zusammenhang zwischen körperlichen Symptomen und psychischen Erkrankungen ist in der Forschung bereits belegt. Jedoch blieb nach wie vor unklar, wie der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Auftreten körperlicher Faktoren und psychischer Erkrankungen ist. Die Studie untersuchte deshalb die Gesundheitsdaten von gesetzlich Krankenversicherten, bei denen zuvor keine psychische Erkrankung diagnostiziert wurde. Dadurch konnte das Forschungsteam bei neuen Fällen von Depressionen und Angststörungen untersuchen, ob und welche körperlichen Diagnosen in den drei Jahren zuvor mit einem erhöhten Risiko für diese psychischen Erkrankungen verbunden waren.

Die Ergebnisse zeigten: 6,7 % der untersuchten Personen erkrankten in den Jahren 2018 bis 2020 neu an Depressionen und/oder Angststörungen.

Dabei waren Hyperventilation, Probleme mit der Lebensbewältigung, Probleme im sozialen Umfeld, berufsbezogene Probleme, Rückenschmerzen, häufige Arztbesuche und lange AU-Zeiten besonders deutlich mit einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen verbunden.

Besonders in der Altersgruppe der 46- bis 60-Jährigen war das Risiko deutlich erhöht, wenn die Personen in den vorherigen drei Jahren längere Zeit krankgeschrieben waren.

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass nicht nur psychische Symptome als Warnsignale für ein späteres Auftreten psychischer Erkrankungen angesehen werden sollten.

Besonders in der Primärversorgung können Ärzte diese Hinweise nutzen, um bei Patienten frühzeitig mögliche psychische Probleme zu erfassen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Lebens- und Krankenversicherer können mit diesen Erkenntnissen nicht nur Risikofaktoren besser identifizieren, sondern auch zielgerichtetere Präventionsmaßnahmen entwickeln. So können sie die Gesundheit ihrer Versicherten aktiv fördern und langfristige Erkrankungen vermeiden.

Im Life Science Report 2025 hat Munich Re Strategien zur Entwicklung wirksamer Präventionsmaßnahmen vorgestellt. Versicherern wird empfohlen, nicht nur den Gesundheitszustand und die medizinische Vorgeschichte zu analysieren. Vielmehr sind auch Lebensstile und Gesundheitsdeterminanten wie das Alter oder Umweltfaktoren zu berücksichtigen. Da die Mehrheit der Versicherungsnehmer gesund ist, sollten Versicherer primäre Präventionsstrategien priorisieren. Sie sollten auf Maßnahmen vor dem Auftreten einer Krankheit oder eines Leidens ausgerichtet sein. Durch die Entwicklung maßgeschneiderter Risikoprofile können Versicherer individuell zugeschnittene Maßnahmen für die Versicherungsnehmer entwickeln. Auf diese Weise verbessern sie deren Gesundheitskompetenz und mindern spezifische Risikofaktoren, um bessere Präventionsergebnisse zu erzielen.

Alban Senn
Die Studie ist ein wichtiger Schritt zur Früherkennung psychischer Erkrankungen. Eine frühere Behandlung bedeutet bessere Genesungsaussichten. Das hilft Betroffenen und entlastet Versicherer. Neben Risikofaktoren wie Stress oder Mobbingerfahrungen konnten wir auch körperliche Symptome wie Rückenleiden und Hyperventilieren als risikorelevante Faktoren identifizieren, bei denen Betroffene später häufiger psychisch erkranken. Munich Re hat die Erkenntnisse aus dieser Analyse mit den neuesten wissenschaftlichen Studien verknüpft und in ihre Risikoprüfungs-Guidelines integriert – insbesondere in den Mental Health Kalkulator. Unser Ziel ist es, Versicherungsschutz früher, präziser und risikoadäquater anbieten zu können – im Interesse der Patientinnen und Patienten und Zusammenarbeit mit unseren Erstversicherungskunden.
Alban Senn
Head of Medical Research and Development
Die Studie wurde in der Ausgabe 3/2025 der „Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft“ veröffentlicht. Den vollständigen Fachartikel finden Sie hier: https://elibrary.duncker-humblot.com/issue/6952/online-first

Experten

Anne Zutavern
Dr. Anne Zutavern
Medical Consultant
Christiane Suchy
Dr. Christiane Suchy
Medical Consultant
Munich Re Life & Health
Europe & Latin America
Mathias Orban
Prof. Dr. Mathias Orban
Senior Medical Consultant
Munich Re Life & Health
Europe & Latin America
Alban Senn
Dr. Alban Senn
Chief Medical Officer, Head of Medical Research & Development
Munich Re Life & Health
Europe & Latin America
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