Munich Re logo
Not if, but how

Entdecken Sie die Munich Re Gruppe

Lernen Sie unsere Konzernunternehmen, Niederlassungen und Tochtergesellschaften weltweit kennen.

Aktionärsbrief

    alt txt

    properties.trackTitle

    properties.trackSubtitle

    Joachim Wenning
    Dr. Joachim Wenning
    Vorsitzender des Vorstands Münchener Rück AG

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    als wir unser Ergebnisziel für 2022 definiert haben, konnte niemand ahnen, welche geopolitischen und makroökonomischen Turbulenzen das Jahr bereithalten würde: Der russische Angriffskrieg und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Verwerfungen waren nicht abzusehen. Insbesondere unsere Kapitalanlagen waren dadurch starken Schwankungen ausgesetzt. Der rapide Zinsanstieg ist langfristig willkommen, kurzfristig hat er stille Reserven vernichtet und erhebliche Abschreibungsverluste verursacht. Die ohnehin schon weltweit steigende Inflation ist durch kriegsbedingte Energieverknappung weiter angefeuert worden. Für die damit steigende Schadenlast haben wir vorgesorgt.

    Dennoch haben wir einen Gewinn von 3,4 Milliarden Euro erzielt und unser Ergebnisziel in Höhe von 3,3 Milliarden Euro sogar noch leicht übertroffen. Mit einem um 17,6% gestiegenen Gewinn je Aktie, einer Eigenkapitalrendite von 13,5% und einer Solvenzquote von 260% sind wir auf gutem Weg, auch unsere mittelfristigen Ziele der Ambition 2025 zu erreichen.

    Die Verlässlichkeit unseres Geschäftsmodells wird auch vom Kapitalmarkt honoriert. Die Aktie von Munich  Re schloss in einem schwierigen Börsenumfeld 2022 mit einem Kursplus von knapp 17% ab – nur einem Dax-40-Unternehmen gelang ein größerer Zuwachs. Bei der Aktionärsrendite belegen wir im Zeitraum von 2019 bis 2022 nun den Spitzenplatz unter den acht weltweit führenden Rück- und europäischen Erstversicherern. Und  unsere Aktionäre profitieren wie gewohnt stark von der erfreulichen Entwicklung: Der Hauptversammlung schlagen wir eine Dividendenerhöhung um 5,5% auf nun 11,60  Euro je Aktie vor. Darüber hinaus haben wir einen  neuen Aktienrückkauf im Volumen von 1  Milliarde  Euro beschlossen.

    Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat auch bei Munich  Re Spuren hinterlassen. Das Neugeschäft in Russland und Belarus haben wir kurz nach Kriegsausbruch eingestellt, bestehende Verträge nicht erneuert.  Analog sind wir mit Kapitalanlagen in der Region verfahren. Kriegsbedingte Belastungen in verschiedenen Versicherungssparten summierten sich im Jahresverlauf auf 475 Millionen Euro. Die Auswirkungen auf unser Investmentgeschäft waren ebenfalls gravierend: 2022 mussten wir Abschreibungen in Höhe von rund 850 Millionen Euro im Zusammenhang mit dem Krieg vornehmen.

    Wir engagieren uns, die Kriegsleiden der Ukrainer zu mildern. Unternehmen und Mitarbeiter helfen in Dutzenden von Initiativen und mit zahlreichen Spenden rund um den Globus. Munich  Re und MEAG unterstützen  daneben konkret auch den Studienbetrieb sowie Hilfsprojekte der Ukrainischen Freien Universität (UFU) in München, einer ukrainischen Exiluniversität. Der UFU stellen wir vorab für den Universitätsbetrieb umgebaute Räumlichkeiten der MEAG mit einer Fläche von über 1.000  Quadratmetern mietfrei zur Verfügung. Etwa 150 aus der Ukraine geflüchteten Studierenden wurde so die Fortsetzung ihres Studiums im Exil ermöglicht.

    Unser Unternehmen hat sich inmitten der Großkrisen des vergangenen Jahres einmal mehr als gesellschaftlich relevant und ökonomisch resilient erwiesen. Zu verdanken haben wir diese Widerstandsfähigkeit vor allem der Diversifikation unseres Geschäftsmodells und der operativen Stärke unserer einzelnen Geschäftsfelder.

    2022 hat das Geschäftsfeld ERGO seinen Ergebnisbeitrag durch die gute operative Entwicklung und unterstützt von einem Einmaleffekt erneut verbessert. Mit einem Ergebnis von rund 830 Millionen Euro hat ERGO das Jahresziel deutlich übererfüllt. Das Segment Schaden/Unfall Deutschland konnte die Beitragseinnahmen deutlich steigern. Der Geschäftsausbau hat wesentlich im Bereich Gewerbe/Industrie sowie in der Wohngebäude- und der Kfz-Versicherung stattgefunden. Im Segment Leben/Gesundheit Deutschland haben kapitaleffiziente und biometrische Lebensversicherungsprodukte, eine deutliche Beitragssteigerung in der Reiseversicherung und eine höhere Nachfrage nach Ergänzungsversicherungen in Gesundheit zum Wachstum beigetragen. Auch im internationalen Geschäft hat ERGO 2022 höhere Bruttobeitragseinnahmen erzielt. Vor allem das Wachstum im Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft in Polen und im Baltikum sowie die gute Entwicklung des Gesundheitsgeschäfts in Belgien unterstützten diese positive Beitragsentwicklung.

    Die Rückversicherung profitierte weiter vom anhaltenden Hartmarkt. In den Erneuerungen 2022 erzielten wir ein Beitragswachstum von 11,9% und eine Preissteigerung von 0,5%. In Zeiten erhöhter Unsicherheit waren  wir mit unserer Bilanzstärke und Kapazität für unsere Kunden ein besonders gefragter Partner. Auf der Schadenseite steht Hurrikan Ian, einer der schadenträchtigsten Hurrikane aller Zeiten, symbolisch für ein weiteres Jahr mit hohen Naturkatastrophenschäden. Zum zweiten Mal in Folge und zum fünften Mal in der jüngeren Vergangenheit stiegen die versicherten Schäden auf über 100 Milliarden Euro – ein Wert, der in Zeiten des Klimawandels zur neuen Normalität wird. Dessen ungeachtet erweist sich das Schaden-/Unfall-Segment als robust gegenüber hohen Großschäden – ein Qualitätsausweis insbesondere für unsere Naturkatastrophenmodellierung. Der Ergebnisbeitrag des Geschäftsfelds Rückversicherung lag mit 2,6 Milliarden Euro fast genau auf unserer ursprünglichen Zielmarke von 2,7 Milliarden Euro. Sehr positiv hierzu beigetragen haben Leben/Gesundheit und unser Geschäft im Bereich Risk Solutions.

    Bei der Kapitalanlage erzielten wir in einem Umfeld, in dem nahezu jede Asset-Klasse auf Jahressicht an Wert verloren hat, eine Investmentrendite von 2,1%. Insbesondere Abschreibungen auf russische bzw. ukrainische Anleihen im Kontext des Krieges sowie auf Aktien, Derivate und festverzinsliche Wertpapiere infolge fallender Aktienmärkte und des abrupten Zinsanstiegs belasteten die Kapitalanlage. Dem gegenüber standen ausgleichende Effekte durch steigende Zinsen auf das Versicherungsgeschäft sowie das sehr gute Währungsergebnis in Höhe von 676 Millionen Euro, die aus bilanziellen Gründen nicht im Kapitalanlageergebnis enthalten sind. Zudem sind die steigenden Zinsen langfristig positiv für Versicherer, was sich bereits an der deutlich gestiegenen Wiederanlagerendite von 2,8% erkennen lässt. Unsere Investitionen in erneuerbare Energien haben wir noch einmal forciert: Das Investitionsvolumen stieg gegenüber dem Vorjahr um rund 40% auf nun 2,4 Milliarden Euro.

    Die starken Ergebnisse von ERGO und der Rückversicherung Leben/Gesundheit haben die Belastungen in der Rückversicherung Schaden/Unfall sowie in der Kapitalanlage ausgeglichen. Das ist kein glücklicher Zufall. Vielmehr trägt unsere strategische Weichenstellung im Rahmen der Ambition  2025 bereits Früchte: Je größer der Gewinnbeitrag unserer weniger volatilen Geschäftsfelder ist, desto weniger schwankungsanfällig ist unser Konzernergebnis.

    Als logische Konsequenz dieser strategischen Ausrichtung und basierend auf den Wachstumsambitionen der Gruppe hat Munich  Re zum 1. Januar 2023 ein neues Vorstandsressort eingerichtet: Global Specialty Insurance.  In diesem Ressort werden die Spezial-Erstversicherungsgeschäfte vereint, die in den USA und im Londoner Markt substanzielle Größenordnungen erreicht haben und perspektivisch weiter stark wachsen werden. Von der Bündelung sollen sowohl die Wachstums- als auch Ertragspotenziale in diesem Segment profitieren.

    Nach erfolgreichem Abschluss von zwei Geschäftsjahren sind wir auf hervorragendem Kurs zur Erreichung unserer 5-Jahres-Ambition 2025. Für 2023 streben wir ein Ergebnisziel von 4,0  Milliarden Euro auf Basis des  neuen Rechnungslegungsstandards IFRS 17 an. Der Versicherungsumsatz, der künftig an die Stelle der Prämien tritt, soll bei rund 58 Milliarden Euro liegen, die Kapitalanlagerendite mehr als 2,2% betragen.

    Im Kerngeschäft der Rückversicherung sind wir ausgezeichnet in das neue Jahr gestartet. Bei der Januar-Erneuerung 2023 hat sich der positive Trend aus den Erneuerungsrunden der vergangenen Jahre verstärkt. Mit einem Beitragswachstum von 1,3% und einer Preissteigerung von 2,3% sind wir dort gewachsen, wo wir am besten verdienen, und haben über die Inflationsverteuerung hinaus Margenverbesserungen erzielen können. Zudem erwarten wir, anders als in den Vorjahren, keine größeren Belastungen aus der abflauenden Corona-Pandemie mehr.

    Diese erfreuliche wirtschaftliche Entwicklung unseres Unternehmens geht einher mit guten Fortschritten im Hinblick auf unsere nicht-finanziellen Ziele bei Umwelt-, Sozial- und Governance-Belangen (ESG). Im Bereich Umweltschutz kommt der schrittweisen Dekarbonisierung unseres Investment- und Versicherungsportfolios im Hinblick auf das drängende Problem des Klimawandels besondere Bedeutung zu. Bezogen auf unsere Ziele in der Kapitalanlage haben wir 2022 die Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 2019, dem Ausgangsjahr unserer Ambition, um 46% reduziert – das sind noch mal 15 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Erstmals können wir auch die Effekte im Versicherungsgeschäft beziffern: Hier stehen wir bei einer Reduktion um 29% bei Kohlekraftwerken, 37% bei der thermischen Kohleförderung (Minen) und 40% beim Sachversicherungsgeschäft in der Öl- und Gasförderung. Die genannten Werte liegen bereits über bzw. in Reichweite der für 2025 anvisierten Zielgrößen.

    Zudem haben wir 2022 neue Richtlinien für Versicherung und Kapitalanlage im Bereich Öl und Gas erlassen. Diese treten zum 1. April 2023 in Kraft und sehen unter anderem vor, dass Munich  Re nicht mehr in Verträge bzw. Projekte investiert oder diese versichert, die ausschließlich Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb neuer Öl- oder Gasfelder betreffen. Vielmehr bauen wir unsere Investitionen in erneuerbare Energien weiter aus und unterstützen die Energiewende mit klugen Versicherungslösungen für umweltfreundliche Technologien und Produkte.

    Neben Klimaschutzmaßnahmen bildet der Einsatz für mehr Vielfalt eine weitere Säule unserer ESG-Aktivitäten. Insbesondere die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen ist uns dabei ein Anliegen. Mit der Berufung von Clarisse Kopff und Mari-Lizette Malherbe in den Vorstand sind nun zwei Frauen im obersten Führungsgremium unseres Konzerns vertreten. Auch auf den weiteren Führungsebenen sind jetzt mehr Frauen vertreten als noch im Vorjahr. Gruppenweit liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen inzwischen bei 38,5%. Von unserem Ziel, diesen Wert bis 2025 auf 40% zu steigern, sind wir nicht mehr weit entfernt.

    Jenseits der genannten und konkret definierten nicht-finanziellen Ziele haben auch viele weitere ESG-Initiativen und -Projekte im Jahr 2022 einen Mehrwert für Umwelt und Gesellschaft sowie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen. Dazu zählen etwa die im vergangenen Jahr vom Vorstand ins Leben gerufenen „Social Engagement Awards“. Der gruppenweite Wettbewerb eröffnete allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Chance, zusätzliches Budget für ihre gemeinnützigen Projekte zu erhalten. 114 Projekte wurden eingereicht und intern bewertet – 25 davon schließlich mit Beträgen zwischen 5.000 und 250.000 Euro gefördert. Die Spanne reichte von Tagesausflügen für vom Krieg betroffene ukrainische Kinder über solarbetriebene Nachtschulen für Mädchen im ländlichen Indien bis hin zur Verwirklichung nachhaltiger Landwirtschaft zur Bekämpfung von Hunger und Klimawandel.

    2022 war ein wertschaffendes Jahr sowohl für unser Unternehmen als auch für unsere Stakeholder. Der vorliegende Geschäftsbericht und unser im April erscheinender Nachhaltigkeitsbericht liefern dazu noch mehr  Daten und Fakten. Dieser Geschäftsbericht ist der letzte auf Basis des bisherigen Bilanzierungsstandards IFRS 4. Zum 1. Januar 2023 führt die Munich  Re Gruppe den neuen Rechnungslegungsstandard IFRS 17 ein.

    IFRS 17 wird nichts an unserer Profitabilität und Finanzkraft ändern. Was sich aber ändert, sind Bewertung, Darstellung und Ausweis unseres Versicherungsgeschäfts. Der neue Rechnungslegungsrahmen orientiert sich  bei der Bewertung von Versicherungsverträgen stärker an den Marktwerten. Die Transparenz unserer Finanzberichte wird damit erhöht und die Ertragskraft unseres diversifizierten Geschäftsmodells für die Finanzwelt und unsere Aktionärinnen und Aktionäre künftig noch deutlicher sichtbar.

    Sie sehen: Munich  Re bleibt auch in Zeiten großer Unsicherheiten und unter sich ändernden Rahmenbedingungen ein attraktives und verlässliches Investment. Im Namen unserer gut 41.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit danke ich Ihnen für Ihr Vertrauen in unser Unternehmen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr
    Joachim Wenning