Schwere Gewitter, Waldbrände, Hochwasser – Schäden durch “Non-Peak Perils” steigen
© Ricard Ferre Jornet / Getty Images

Schwere Gewitter, Waldbrände, Hochwasser – Schäden durch “Non-Peak Perils” steigen

Klimawandel verstärkt Extremwetter-Risiko – Prävention muss in den Mittelpunkt

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    Ganze Landstriche unter Wasser, Dächer und Wände von Häusern von Hagelsteinen zerlöchert: Schäden durch Hochwasser, schwere Gewitter oder Waldbrände haben in den vergangenen Jahren in vielen Regionen neue Dimensionen erreicht.

    In der Versicherungssprache galten diese Ereignisse bisher als so genannte „Non-Peak Perils“ oder auch „Secondary Perils“. Der Hintergrund: Die Aufmerksamkeit richtete sich lange vor allem auf die Spitzenrisiken („Peak Perils“) wie tropische Wirbelstürme oder Erdbeben, bei denen bereits ein einzelnes Ereignis großflächig verheerende Schäden verursachen konnten.

    Aber die Begriffe „non-peak“ und „secondary“ dürfen nicht darüber hinwegtäuschen: Das Schadenpotenzial addiert über ein ganzes Jahr ist inzwischen gewaltig – es nimmt durch sozioökonomische Faktoren und den Einfluss des Klimawandels deutlich zu.

    Seit Beginn der 2000er Jahre haben sich die Gesamtschäden aus diesen Naturgefahren mehr als verdreifacht, die versicherten Schäden sind beinahe auf das Sechsfache gestiegen: Von 2000 bis 2004 lagen die jährlichen weltweiten Gesamtschäden inflationsbereinigt im Schnitt bei rund 47 Mrd. US$, die versicherten Schäden bei 12 Mrd. US$. In den vergangenen fünf Jahren verursachten „Non-Peak Perils“ im Durchschnitt pro Jahr inflationsbereinigte Gesamtschäden von 160 Mrd. US$, davon waren etwa 73 Mrd. US$ versichert. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres verursachten solche Naturkatastrophen weltweit Schäden von rund 106 Mrd. US$, davon waren 77 Mrd. US$ versichert.

    Extremwetter und der Klimawandel

    Die Wissenschaft liefert immer mehr Belege dafür, dass solche Extremwetterereignisse zunehmend vom Klimawandel beeinflusst werden. Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasserdampf aufnehmen – pro 1°C etwa 7%. Gepaart mit dem höheren Energiegehalt einer wärmeren Atmosphäre führt das zu heftigeren Wetterkatastrophen – je nach Region werden sie häufiger oder stärker, manchmal beides.

    Steigende exponierte Werte zusammen mit den Folgen des Klimawandels lassen auch weiterhin deutlich steigende Schäden durch Non-Peak Perils erwarten. Inzwischen zeigt sich: Spitzenrisiken wie tropische Wirbelstürme oder Erdbeben sind mit ihrem extremen Zerstörungspotential für die extremen Ausnahmejahre mit sehr hohen Naturkatastrophenschäden verantwortlich, die „Non-Peak Perils“ dagegen für den Trend – und der zeigt nach oben.

    Getrieben wird der Schadentrend besonders von Schäden in den USA, und dort vorrangig von Zerstörungen bei Schwergewittern mit Starkregen, Hagel oder Tornados. Sie verursachen mittlerweile in der Summe eines Jahres Schäden wie die eines extremen Hurrikans – und das Jahr für Jahr. Bei Schwergewittern ist der versicherte Anteil relativ hoch. Deshalb sind steigende Schäden aus solchen Ereignissen auch eine Herausforderung für Versicherer. Sie müssen ihre Risikomodelle weiterentwickeln, um nicht von steigenden Schäden überrascht zu werden. 

    Was aus unseren Daten abgeleitet werden kann:

    • Schäden steigen signifikant in vielen Regionen, Schwergewitter in USA haben den höchsten Anteil.
    • Unter den Non-Peak Perils verursachen Schwergewitter in der Summe die höchsten versicherten Schäden. Bei den Gesamtschäden sind Überschwemmungen in der Summe die teuersten Ereignisse. Auch bei Waldbränden zeigen die Schäden über die Zeit in manchen Regionen deutlich nach oben. Die bislang schadenträchtigsten Waldbrände zerstören im Januar 2025 im Großraum Los Angeles versicherte Werte in Höhe von etwa 40 Mrd. US$. Auch hier nimmt das Risiko durch den Klimawandel zu: Steigende Temperaturen und häufigere Dürren erhöhen die Waldbrandgefahr in vielen Regionen der Welt. 
    • Während in Industrieländern bei Hagelgewittern, Stürmen oder Waldbränden der versicherte Anteil relativ hoch ist, ist bei Hochwasser auch in finanzstarken Ländern der größte Teil nicht versichert.
    • In finanzschwächeren Ländern ist die Versicherungslücke noch viel größer. Vielfach müssen fast die gesamten Schäden von den Betroffenen selbst getragen werden, da Versicherungen wenig verbreitet sind oder die Menschen sie sich nicht leisten können. 

    Die regionalen Unterschiede:

    • Der Anteil der USA an den Schäden durch Non-Peak Perils seit 1980 liegt bei gut 40% der weltweiten Gesamtschäden, bei den versicherten Schäden sind es sogar mehr als zwei Drittel. Im 5-Jahres-Durchschnitt sind die jährlichen Gesamtschäden seit Anfang der 2000er-Jahre bis zuletzt auf das 2-fache gestiegen, die versicherten Schäden nahmen um den Faktor 2,3 zu.
    • Treiber sind insbesondere Schwergewitter. Der Einfluss des Klimawandels auf Hagelschläge in den USA ist umstritten, die Tage mit Extremereignissen (täglich über 30 Tornados, Hagel größer als 5 cm) nehmen aber zu. Zudem verschiebt sich das Gewicht der Ereignisse in den Osten, wo mehr Werte exponiert sind.
    • In Europa steigen die Schäden ebenfalls deutlich. Im 5-Jahres-Durchschnitt sind die jährlichen Gesamtschäden seit Anfang der 2000er-Jahre bis zuletzt auf das 5-fache gestiegen, die versicherten Schäden nahmen um den Faktor 3 zu. Insbesondere in den vergangenen Jahren ereigneten sich zahlreiche Naturkatastrophen, bei denen die Wissenschaft einen Klimaeinfluss für sehr wahrscheinlich hält. Ein Beispiel sind Hagelschläge in Norditalien im Sommer 2023 mit bis zu 19 cm großen Hagelsteinen.
      Zudem ereigneten sich immer wieder schwere Hochwasser nach rekordartigen Starkniederschlägen, wie im Spätsommer 2024 in Österreich und angrenzenden zentraleuropäischen Ländern. Auch in der Zunahme von Starkregenereignissen sehen Wissenschaftler ein deutliches Signal des Klimawandels.
    • In der Region Asien/Pazifik sind Hochwasserereignisse die Naturgefahr aus der Gruppe der Non-Peak Perils mit den höchsten Schäden: 37% der Gesamtschäden aus Naturkatastrophen seit 1980 entfallen dort auf Überschwemmungen, bei den versicherten Schäden ist es knapp ein Viertel. Der größte Teil der Schäden entsteht in China, wo es sehr häufige saisonale Hochwasserereignisse gibt. Wesentlicher Schadentreiber ist das starke Wachstum von exponierten Werten durch häufig an Flüssen gelegene Wirtschaftsmetropolen.

    Was tun – Prävention und höhere Versicherungsdichte im Mittelpunkt

    Anders als Spitzenrisiken wie Hurrikane oder Erdbeben mit extremen Schäden ereignen sich die so genannten Non-Peak-Ereignisse sehr häufig mit begrenzten Schadenssummen. Zusammengefasst sind die jährlichen Schäden dennoch sehr hoch – und zwar Jahr für Jahr. Deshalb muss Prävention in den Mittelpunkt, um Schäden zu begrenzen:

    • Widerstandsfähige Gebäude und eine risikobasierte Standortplanung vermeiden Schäden. Bei vielen Naturgefahren lassen sich Schäden durch Prävention sehr stark begrenzen. Flusshochwasser verursachen bei geeigneten Schutzmaßnahmen wie Deichen oder Überflutungsflächen abseits besiedelter Gebiete deutlich weniger Schäden. Auch Bebauungspläne sollten konsequenter den Hochwasserrisiken vor Ort angepasst werden.
    • Bei anderen Naturgefahren wie Stürmen oder Hagel verringern stabile Bauweisen die Schadenanfälligkeit. In der Schweiz zum Beispiel werden Baumaterialien nach ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Hagel zertifiziert und in einem „Hagelregister“ gelistet. In den USA testet das Institute for Business and Home Safety (IBHS) unterstützt von der Versicherungswirtschaft Häuser in Echtgröße auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen Sturm, Starkregen, Hagel oder Waldbrände.

    Munich Re baut seine Risikomodelle seit Jahren sukzessive aus, um sich ändernde Schadenpotenziale auch durch Non-Peak Perils sehr genau zu verstehen. Mit dieser Expertise ist Munich Re in der Lage, verlässlich hohe Risikokapazität anbieten zu können – und bei passenden Bedingungen sogar noch auszuweiten.

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    Tobias Grimm
    Tobias Grimm
    Chief Climate Scientist
    Lisa Hanselmann
    Lisa Hanselmann
    Head of Munich Re’s NatCatSERVICE